Stechinsekten
Jeden Sommer tauchen in der Presse Meldungen über "Riesenwespen" und Wespenplagen auf. Die Wespen werden als "aggressiv", "gefährlich" oder bestenfalls als "Ungeziefer" dargestellt, dass vernichtet werden muss.
Dieses kleine Merkblatt soll Ihnen helfen, Ihre Furcht vor diesen Tieren abzubauen, Geld zu sparen (Bekämpfungsmaßnahme) und unnötige Gesundheits- und Umweltschäden durch Insektizide zu vermeiden.
Dazu einige Tatsachen als Entscheidungshilfe:
1. Es gibt eine ganze Reihe Wespenarten, die man allerdings nur bei genauem Hinsehen voneinander unterscheiden kann. Nur drei Arten nisten häufiger in der Nähe von Häusern bzw. in diesen selbst; einige der anderen Wespenarten sind in Deutschland teilweise schon selten geworden.
2. Im Frühjahr und im Frühsommer fliegen nur "Königinnen". Diese Nestgründerinnen sind etwas größer als ihre Töchter, die "Arbeiterinnen". Ein "vorsorgliches Töten" der weit umherstreifenden Königinnen erspart Ihnen nicht unbedingt ein Nest unter dem Dach, verhindert aber sicher die Entstehung eines Volks an einer Stelle, an der es höchstwarscheinlich nie bemerkt worden wäre. Die meisten Wespennester entstehen in freier Natur.
3. Aber selbst in unmittelbarer Nähe von Menschen können Wespenvölker fast ausnahmslos verbleiben, solange sie nicht mutwillig beunruhigt werden (z.B. durch Stochern, Klopfen usw. )
4. Auch Wespen übernehmen für den Menschen nützliche Aufgaben im Naturhaushalt, indem sie Insekten fangen, bei der Beseitigung von toten kleinen Tieren mithelfen und auch Blüten bestäuben.
5. Für ihren Nestbau verwenden Wespen kein gesundes Holz, sondern nagen verwitterte oder verpilzte Holzfasern ab.
6. Wespenvölker fallen meist im Spätsommer auf, wenn sie ihre Volkstärke erreicht haben und die Geschlechtstiere schlüpfen. Dann aber löst sich die Kolonie bald von selbst auf, da die Wespen ihr "Klassenziel" erreicht haben. Das Nest wird im folgenden Jahr nicht mehr bewohnt.
7. Von den zahlreichen Jungköniginnen schaffen nur die wenigsten eine Nestgründung im nächsten Jahr. Die meisten erfrieren im Winter, verhungern oder werden von anderen Tieren erbeutet. Die Männchen und Arbeiterinnen sterben im Herbst.
8. Wespen- und Hornissengift sind für den Menschen genauso wenig gefährlich wie Bienengift. Der anfängliche Schmerz und eine etwas länger während lokale Schwellung gehören nun einmal zu den Stichwirkungen dieser Insekten. Die Stiche dienen ihnen ausschließlich zur Verteidigung (nicht wie bei Mücken zur Ernährung) und sollen schließlich Feinde abschrecken und vertreiben.
Was kann man gegen Wespen tun?
Sollte sich eine Wespenkönigin direkt in einem bewohnten Raum ansiedeln, so entfernen Sie am besten bereits das kleine Anfangsnest, solange noch keine Arbeiterinnen geschlüpft sind. Wenn größere Nester unerreichbar in Mauerlücken, Dachüberständen usw. entstanden sein sollten, dann schützen Sie für diese Saison die nächstliegenden Fenster einfach durch Fliegennetze. Insektiziede verbleiben sehr lange in der Umwelt, ohne abgebaut zu werden und gefährden Ihre Gesundheit weitaus mehr als ein eventueller Wespenstich.
Wespen sind nicht aggresiv und greifen nicht ohne Grund an!
Pusten Sie nicht und schlagen Sie nicht hektisch nach Wespen, die Sie umfliegen, sondern wenden Sie sich langsam ab und versuchen Sie, das Tier mit einer gleitenden Handbewegung wegzuschieben.
Bei einem Stich saugen Sie nach Möglichkeit die Stichstelle schnell und gründlich aus; reiben Sie die eventuell die betroffene Stelle mit einer Salbe gegen Insektenstiche ein.
Nur ganz wenige Menschen reagieren wirklich allergisch auf Insektengifte. Derartige Allegien entstehen jedoch erst im Laufe mehrerer Stiche und haben typische Symptome. Meist werden schon der anfängliche Schmerz und die lokale Schwellung als Allergie mißdeutet.
Lassen Sie Obst, Kuchen, Säfte und Fleischwaren sowie insbesondere Essensreste (offene Müllbehälter) im Hochsommer nicht lange unbedeckt liegen.
Bei sachgemäßer Behandlung - wie sie im Umgang mit Honigbienen selbstverständlich ist - stellen Wespenvölker auch in der Nähe des Menschen höchstens eine geringfügige Beeinträchtigung der Bequemlichkeit dar.
Honigbienen liefern Honig und sind deshalb zu Haustieren des Menschen gemacht worden. Als "Nützlinge" werden sie zurecht geschützt. Wespen produzieren leider keinen Honig und sind wildlebende Tiere. Wir Menschen müssen uns endlich daran gewöhnen, daß auch für unser eigenes Überleben eine intakte Natur mit stabilen Ökosystem die einzige Grundlage ist!
Viele wildwachsende Pflanzen und wildlebende Tiere unter ihnen auch die oft so unbequemen Wespen sind nur auf den ersten Blick gesehen "Unkräuter" und "Schädlinge", ihre Bedeutung im Zusammenspiel der Arten wird erst bei genaueren Kenntnis ihrer Biologie deutlich. Es gibt schon zu viele Beispiele für allzu kurzsichtige Bekämpfungsmaßnahmen und ihre nachteiligen Langzeitwirkungen!
Das Bundesnaturschutzgesetz (§21,Abs.2) verbietet, "wildlebende" Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten. Die unbegründete Angst vor der "Gefährlichkeit" von Wespen und eine nur kurzzeitige Einschränkung der eigenen Bequemlichkeit sind keine "vernünftigen Gründe", Wespen zu töten! Die mittlere Wespe und die Hornisse sind in der "Roten Liste" als "gefährdet" eingestuft und deshalb besonders schützenswert!
In der Hoffnung, Ihre Meinung ein wenig zugunsten der Wespen und unserer Umwelt beeinflußt zu haben, wünschen wir Ihnen einen schönen Sommer.